Beim Reisen ist es wichtig, dass die Kamera leicht, unauffällig und nicht zu teuer ist. Computational Photography kann aus kleinen, leichten Kameras mehr heraus holen.
Reisekameras und ihre Nachteile
Ich empfehle die 300 Gramm schweren, super kleinen Profi-Kompaktkameras als perfekte Reisekamera, also Sony RX100 I-IV oder Canon G7X / G9X.Eine schwere, auffällige und teuer aussehende Kamera ist einfach zu unpraktisch auf Reisen und Du hast sie oft nicht dabei, wenn Du sie brauchst.
Die aktuelle Profi-Kompaktkamera-Generation braucht sich auch bei der Bildqualität nicht mehr zu verstecken.
Aber so viel die kleinen Sony 1-Zoll Sensoren auch leisten, sie können keine Wunder vollbringen. Du musst bei kleinen Sensoren Abstriche machen bei:
- Rauschverhalten
- Dynamikbereich
- selektiver Tiefenschärfe
- Auflösung
Wegen dem fixen Objektiv fehlen außerdem:
- Weitwinkelbereich
- Telezoom
- Filter
Weil Du wahrscheinlich kein Stativ dabei hast, gibt es Probleme mit:
- Langzeitbelichtungen
- Landschaftsfotos
- Nachtaufnahmen
Die gute Nachricht ist, dass es für fast alle diese Nachteile Workarounds gibt, dank Computational Photography.
Du brauchst wahrscheinlich weder eine große Kamera, noch ein Stativ, noch Filter.
Was ist Computational Photography?
Computational Photography bedeutet einfach nur computergestützte Fotografie. Jede Digitalkamera nutzt bei jedem Bild Computational Photography, sonst wären Digitalbilder gar nicht möglich.
Aber Computational Photography kann viel mehr als Digitalbilder nur zu ermöglichen. Durch Algorithmen lassen sich Bilder weit über das hinaus optimieren, was mit analogen Fotos möglich wäre.
Computational Photography umfasst typische Manipulationen in der Nachbearbeitung und vieles davon steckt auch schon in modernen Digitalkameras:
- Schärfen
- Weissabgleich
- Rauschreduktion
- Verzerrungskorrektur
- Belichtungskorrektur
- Selektiv aufhellen (DRO, Active D, Auto Lighting)
Wenn Du JPEG schiesst, macht eine moderne Kamera das alles vollautomatisch mit jedem einzelnen Bild. Wenn Du RAW schiesst, machst Du es mit Software wie Lightroom oder Darktable in der Nachbearbeitung.
Natürlich gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, z.B. Heilen, Klonen oder Liquid Rescale. Viele Single Shot Techniken werden schon gar nicht mehr als Computational Photography bezeichnet, so allgegenwärtig sind sie.
Das ist wie in der Philosophie: Wenn ein Philosoph etwas Nützliches entdeckt, heißt es plötzlich nicht mehr Philosophie sondern Mathematik oder Physik oder Psychologie und alle Welt fragt sich, wozu man Philosophen braucht ;)
Multi-Shot Techniken als nächste Stufe
Noch mächtiger wird Computational Photography mit Multi-Shot-Techniken, d.h. Du machst mehrere Aufnahmen vom gleichen Motiv, teilweise mit unterschiedlichen Kamera-Einstellungen und/oder -Blickwinkeln.
Diese Multi-Shot-Bilder lassen sich auf verschiedene Arten in ein finales Bild zusammenrechnen. Teilweise wären die entstehenden Bilder gar nicht als Single-Shot möglich, z.B. Panoramas oder HDR-Aufnahmen.
Wenn Du Dir überhaupt nicht vorstellen kannst, wovon ich rede, schau Dir einmal dieses 10-minütige Video von Tony Northrup an, das 2 gängige Multi-Shot-Techniken vorstellt (Panorama & Median Blending)
Nützliche Multi-Shot-Techniken
Ein paar nützliche Multi-Shot-Techniken, die Du mit aktueller Software problemlos einsetzen kannst, mit weiterführenden Links:
- Panorama Stitching
Panoramabilder erstellen Guide - Pseudo HDR (High Dynamic Range)
Belichtungsfusion mit Photomatix Pro - Focus Stacking
Focus Stacking Macro Photos (Enfuse) - f-stop Stacking
Image Stacking: Multiple f-Stops - Super Resolution durch Stacking
Super-resolution photos by focus stacking and image stitching - Rauschreduktion durch Median Blending
A Look at Reducing Noise in Photographs Using Median Blending - Menschen entfernen durch Median Blending
How to Remove People From Your Travel Photos Using Photoshop - ND-Filter simulieren durch Median Blending
Langzeitbelichtung am Tag – So geht es ohne Graufilter
Faking an ND Filter for Long Exposure Photography
Du brauchst für keine dieser Techniken teure Software, das geht wie bei den Single Shot Techniken alles umsonst mit freier Software, z.B. Gimp, Imagemagick, Hugin, ICE.
Nützlich heißt nicht zwangsläufig praktisch. HDR lässt sich weitestgehend automatisieren, aber andere Techniken lohnen sich wegen dem Zeitaufwand nur bei besonderen Motiven.
Zukunft von Computational Photography
Der Trend ist, immer mehr analoge Bestandteile durch Berechnung zu ersetzen. Es gibt als Extremfall bereits Kamera-Prototypen ganz ohne Objektiv. Die Aufgaben der Optik werden vom Computer übernommen und es muss z.B. nicht mehr fokussiert werden, wie bei einem Objektiv.
Das ist nicht nur Zukunftsmusik. Auch heute schon ist es möglich günstigere Objektive zu verwenden, weil sich Verzeichnung, Vignettierung und Aberrationen bereits ganz einfach herausrechnen lassen. Besonders Sony setzt darauf bei manchen E-Mount-Objektiven.
Für mehr Zukunftsmusik bietet das Georgia Institute of Technology bald ein Computational Photography MOOC an. Leider bisher ohne Ankündigung des Datums.
Computational Cameras
Eine 2016 bevorstehende (R)evolution, ist eine „Computational Camera“, die Light L16. Statt einem teuren Objektiv und einem großen Sensor, setzt die Firma Light auf 16 günstige Objektive und 16 kleine Sensoren, ungefähr so wie in der Radio-Astronomie. Das Endbild wird aus den 16 Einzelbildern berechnet.
Das bietet enorme Vorteile, vor allem was Größe und Gewicht angeht. Die Light L16 ist nicht größer als ein Smartphone. Sie kostet aber mit €2.000 so viel, wie eine gute Systemkamera oder DSLR und soll auch mindestens ebenso gute Bilder machen.
Die Light L16 soll Ende 2016 auf den Markt kommen und ist für Early Adopter vorbestellbar. Ich bin super gespannt auf die Tests, aber warte lieber die 2. Generation ab.
Das einstündige Einführungs-Video von Light erklärt nicht nur die Kamera L16, sondern allgemein den aktuellen Stand der Technologie. Es ist das beste mir bekannte Grundlagenvideo zu aktuellen Kamera-Hardware Innovationen und Computational Photography.
https://vimeo.com/143690545
Reisefotografie im flocblog
Du bist noch Fotografie Anfänger? Schau in meinen Grundlagen-Artikel mit den 3 minimalen Fotografie-Kenntnissen für Einsteiger.
Nach den vielen Artikeln zur Reisekamera-Kaufberatung, wird es 2016 im flocblog einige Tutorials zur Computational Photography in Bezug auf die Reisefotografie geben.
Ich werde vor allem nützliche Multi-Shot-Techniken vorstellen, also von Panorama über HDR bis Median Blending immer mit Blick auf Automatisierung. Natürlich wird nur freie Software verwendet.
Wenn Du nicht bis auf das erste Tutorial im Januar warten möchtest, schau Dir schon einmal die Links oben bei den Multi-Shot-Techniken durch.
Blogbühne
Damit fällt es leicht die 5 Fragen in der Fotografie-Blogbühne 2016 zu beantworten:
- Ich blogge, weil ich zum Reisen und zur Reisefotografie inspirieren und informieren möchte.
- Meine Fotos zeichnen sich aus, dadurch dass ich für 95% meiner Bilder eine 300g Profi-Kompaktkamera verwende, die ich immer dabei habe.
- Den größten Schritt in meiner fotografischen Entwicklung, habe ich durch Langzeitreisen gemacht.
- Meine fotografischen Fähigkeiten möchte ich vor allem im Bereich Reisefotografie weiter voranbringen
- Dieses fotografische Projekt werde ich im Jahr 2016 umsetzen: Tutorials zu Multi-Shot-Techniken mit freier Software schreiben
Blogbühne-Foto
Mein Foto für die Blogbühne ist vom zweitgrößten Wasserfall Afrikas während der Regenzeit, dem Blauen Nil Fall bei Bahir Dar, Äthiopien, geschossen mit der Canon G7X, aus der Hand.
Das Bild ist eine Komposition aus einem Einzelbild für die Personen und einem Median Stack mit 13 Bildern für den Wasserfall, zusammengesetzt mit Imagemagick. (30-40 Bilder wären für den Wasserfall-Effekt besser gewesen)
Der Himmel war im rechten Bildteil überbelichtet und wurde mit dem „Darla Blue Sky“ Plugin für Gimp korrigiert. Eine störende Person in der Ecke links unten wurde mit Gimps „Heal Selection“ entfernt.
Ich denke das Bild steht gut für Computational Photography und für ein Backpacker Reiseblog.
Was denkst Du über Computational Photography und Computational Cameras?
Reisekamera gesucht? Weiter zu Profi-Kompaktkameras oder zur Systemkamera-Objektivübersicht.
Die Reisekamera für meine Fotos ist eine Canon Profikompakte*
*Affiliate-Werbelink: Wenn dir meine Infos helfen kaufe bitte darüber – kostet nix extra!
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Lena
4 Dez 2017Sehr geehrter Herr Blümm,
wir sind vier Studentinnen der Hochschule Neu-Ulm und führen im Rahmen unseres Masterstudiums „International Brand and Sales Management“ eine Marktforschungsstudie durch. Im Fokus stehen dabei Kameraobjektive verschiedener Marken. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie den Link zu unserer Umfrage an Follower Ihres Blogs weiterleiten oder selbst an der Umfrage teilnehmen könnten.
Der Link zur Umfrage: http://ssi2.hs-neu-ulm.de/GR1/login.html
Die Bearbeitungszeit dauert nicht länger als 12 Minuten. Selbstverständlich behandeln wir alle Angaben vertraulich. Als kleine Aufmerksamkeit verlosen wir drei Virtual-Reality-Brillen im Wert von je 100€.
Vielen Dank im Voraus.
Freundliche Grüße
Stefanie Hildinger, Lisa-Marie Schäfer, Sarah Schneider und Lena Paluszkiewicz
Pingback: Fotografieren lernen: 3 wichtige Grundlagen für Anfänger
Matthias
19 Mai 2017Hallo Florian,
ich habe mich gefreut, dass du Gimp verwendest. Leider war ich bisher zu faul, um mehr mit dem Programm zu machen, da die Recherche sehr zeitaufwendig ist, und das allein um herauszufinden, was geht und was nicht, und welches Plugin gut funktioniert.
Ich würde mich freuen, wenn du die Zeit findest, über Gimp und die verwendeten Plugins zu berichten, und zwar, wann du sie verwendest und wofür, und was damit nicht geht.
Danke und viele Grüße
Matthias
Florian Blümm
20 Mai 2017GIMP ist zwar mächtig, aber auch langsam, unübersichtlich und wenig benutzerfreundlich. Selbst nach Jahren fühle ich mich ehrlich gesagt immer noch wie in der Experimentier-Phase. Ich glaube deshalb auch, daß ein nützlicher Artikel zu GIMP jedes Mass sprengen würde. Das wäre eher ein Buch ;)
Pingback: Pseudo HDR: Bessere Fotos mit Kamera und Smartphone
Pingback: Beste Reisekamera 2017: Kompaktkamera, Systemkamera oder DSLR?
Hans A. Timnet
26 Okt 2016Hallo Florian,
das ist ein sehr schöner Post. Ich habe auch schon einiges lernen können über Fotografie durch das Lesen deines Blogs. Auch der Kaufentscheidung für meine Reisekamera bin ich ein Stück näher gekommen.
Wann kommen denn die Tutorials, oder hab ich die übersehen? ;)
Grüße
Hans
Florian Blümm
26 Okt 2016Hi Hans, du hast mich erwischt! ;)
Nach diesem Artikel hat Shootfever das wichtigste von den geplanten Tutorials geschrieben und mir damit den Wind aus den Segeln genommen:
Welches Tutorial würde dich denn interessieren?
Hans A. Timnet
26 Okt 2016Danke für deine schnelle Rückmeldung. Das passt schon. Ich suche nach Tutorials, etc. zu den Techniken, die du da genannt hast. Ich bin ja blutiger Wideranfänger, da ich lange kaum Fotos gemacht habe. Was mich interessiert, muss ich noch herausfinden, denke ich. Wenn mir was einfällt, frag ich nochmal an. ;)
Pingback: Blogparade: Ergebnis der Fotografie Blog Bühne 2016
Christian
27 Jan 2016Ich finde es beeindruckend, was mittlerweile alles mit so kleinen Kameras möglich ist.
Allerdins halte ich den qualitativen Unterschied zwischen Computational Photography und einer korrekt belichteten Aufnahme mit einer Spiegelreflex für so groß, dass ich mir persönlich den Umstieg nicht vorstellen könnte.
Grüße
Christian
Florian Blümm
27 Jan 2016Wenn Du eine digitale Spiegelreflex meinst, nutzt die auch schon jede Menge Computational Photography.
Und mal ehrlich, DSLR-Verherrlichung ist sowas von 2010 ;)
Christian von kantega.de
5 Mai 2016Hi, ich glaube es kommt wieder mal darauf an. Auch ich habe mich gerade entschieden wieder eine Spiegelreflex zu kaufen. Es gibt jedoch Situationen wo ich, obwohl ich sie dabei habe, zum Handy greife. Beides hat seine Berechtigung. Ich möchte bisher jedoch „noch“ nicht auf meine DSLR verzichten. Allein die verschiedenen Möglichkeiten der Objektive geben mir einen größere Spielraum bei der Bildgestaltung, die man zugegebener Maßen nicht immer benötigt.
Christian
Pingback: Deutschsprachige Fotografie-Blogs 2016 - Landschaft & Natur - Fotografie | Lukas Gawenda
Marc
29 Dez 2015Sehr cool, da bin ich schon aufs nächste Jahr gespannt.
Ich habe mir vorgenommen noch einen Schritt weiter in Richtung Smartphone-Fotografie zu gehen, mit den hier vorgestellten Techniken sollte da auch einiges gehen.
Guten Rutsch,
Marc
andi
26 Dez 2015Hihi, ich schwöre auf meine alte D90.
Mit den richtigen Objektiv macht sie auch schicke Bilder.
Aber ich bin für alles Offen, Super Fotos oben. Ich warte schön auf meine Computational Kamera.
LG
Florian Blümm
26 Dez 2015Die D90 ist super. Vor Oktober 2014 sind die Bilder hier im Blog mit der D90 entstanden. Ich habe mir leider meine auf Bali klauen lassen, sonst hätte ich die wahrscheinlich immer noch.
Trotzdem, mit der leichten, kleinen G7X machts mehr Spass ;)
Georg
20 Dez 2015Das klingt auf jeden Fall alles sehr spannend.
Ich selbst benutze eine Samsung Galaxy S4 Zoom als Kamera,
da ich noch kein Geld für eine „richtige“ Kamera zur Verfügung
hatte.
Das Smartphone/Handy Hybrid gefällt mir als Kamera sehr gut.
Als Smartphone aber weniger, vor allem wegen der Handlichkeit.
Kann ich die Tricks und Kniffe, die du beschreibts auch auf dem
Smartphone mit ähnlich guten Ergebnissen anwenden?
Florian Blümm
20 Dez 2015Hi Georg, mit dem Smartphone sollte es noch einfacher sein, weil man ja theoretisch alles gleich über eine App machen kann. Schau Dir zum Beispiel mal Hydra für iOS an mit HDR und Median Stack.
Florian Blümm
21 Dez 2015Hi Georg, sorry habe total verpeilt, dass Du nach Android gefragt hast.
Die „A Better Camera“ App für Android schaut vielversprechend aus
https://play.google.com/store/apps/details?id=com.almalence.opencam
Habe ich aber noch nicht in Aktion gesehen.