Kameraeinstellungen lernen: Fotografieren im smarten manuellen Modus

„Weg vom Automatikmodus“ ist ein wichtiger Tipp für besseres Fotografieren. Aber welche Kameraeinstellungen sind die richtigen für dich? Lerne den smarten manuellen Modus.

Moderne Digitalkameras und Smartphones können Fotos immer besser automatisch belichten.

Kreative Fotos sind aber im Automatikmodus schwer bis unmöglich.

Lerne unbedingt einen manuellen Modus deiner Kamera kennen und übe die entsprechenden Kameraeinstellungen.

Aber nicht alle Alternativen zum Automatikmodus sind sinnvoll. Digitalkameras haben:

  • 4 manuelle Modi
  • 9 halbautomatische Modi

Die meisten davon brauchst du nicht oder nur sehr selten.

Zwei smarte manuelle Modi reichen völlig aus. Smart heißt mit Hilfe von nützlichen Automatiken der Kamera. Du willst das Kind nicht mit dem Badewasser ausschütten.

Dies ist ein Artikel für Fortgeschrittene mit Kamera-Kauderwelsch. Wenn du noch neu in der Fotografie bist, lerne zuerst die 3 wichtigsten Grundlagen für Anfänger.

Nixenteich, Rhön - links: Auto, rechts: Manuell

Warum im manuellen Modus fotografieren?

Nur im manuellen Modus kannst du das Foto genau nach deinen Vorstellungen gestalten. Die Kamera weiß nicht, was du willst und kann in kreativen Situationen nicht die richtigen Einstellungen erraten.

Blende und Belichtungszeit können den Bild-Look maßgeblich beeinflussen. Auch den ISO solltest du kontrollieren um die Bildqualität zu erhöhen, gerade bei kleinen Kameras und Smartphones.

Ein Anwendungsfall für eine kreative Belichtungszeit ist fließendes Wasser. Egal ob Wasserfall, Fluss oder Strand, mit einer langen Belichtungszeit werden solche Bilder erst magisch.

Ein Anwendungsfall für eine kreative Blende ist Food- und Portraitfotografie. Wenn du den Vordergrund selektiv scharf fotografierst und den Hintergrund unscharf freistellst wirkt das Bild viel besser.

Der manuelle Modus kann sehr sinnvoll sein. Aber lass dir nicht einreden, daß du den manuellen Modus unbedingt beherrschen musst. Es gibt viele Mythen und Snobberei um den manuellen Modus.

Als Anfänger solltest du erstmal die wichtigsten Fototipps lernen, bevor du dich auf die weit weniger wichtige Kameratechnik stürzt.

Auch der Vollautomatik-Modus macht manchmal Sinn

Mythen zum manuellen Modus

Der manuelle Modus macht dein Foto nicht besser als der Automatikmodus. Bei gleichen Belichtungs-Einstellungen bekommst du das gleiche Bild, egal welcher Modus. Nutze was für dich funktioniert.

Wenn du nicht genau weißt, warum du den manuellen Modus einsetzt, dann lass es lieber. Erst wenn die Automatik dir nicht das gewünschte Ergebnis liefert, solltest du manuell fotografieren.

Im manuellen Modus musst du nicht auf Automatiken wie Autofokus oder Auto-Weißabgleich verzichten. Mit manuell ist nur die manuelle Belichtung gemeint, also ISO, Blende und Belichtungszeit.

Manuell heißt nicht im M-Programm zu fotografieren. Die Programm-Wählräder sind ein Überbleibsel von analogen Kameras und bei Digitalkameras überholt, weil der ISO stiefmütterlich behandelt wird.

Das M-Programm ist ein halbautomatischer Modus, bei dem Blende und Zeit geregelt werden und der ISO automatisch von der Kamera gewählt wird. Es ist quasi eine ISO-Automatik, analog zur Blendenautomatik und Zeitautomatik.

Erst wenn du zusätzlich den ISO selbst einstellst, fotografierst du manuell. Manuell kannst du aber auch ohne das M-Programm fotografieren.

In den meisten Lichtsituationen ist das M-Programm sogar die schlechteste Wahl. „M“ ist ideal für gleichbleibende Lichtverhältnisse, z.B. in einem Foto-Studio.

Belichtungskorrektur (+/-)-Wählrad von -3 bis +3 Stops

Kameraeinstellungen im smarten manuellen Modus

Manueller Modus heißt, du kontrollierst alle drei Belichtungsfaktoren einer Digitalkamera:

  • ISO
  • Blende
  • Belichtungszeit

Eine Art das zu machen ist alle Werte konkret einzustellen, also z.B. ISO 250, f/8, 1/160s. Das ist aber nur sehr selten der beste manuelle Modus und für Anfänger gar keine gute Idee.

Viel schneller und einfacher ist es von den vorgeschlagenen Einstellungen der Kamera auszugehen und relativ dazu manuell nachzuregeln. Das geht superschnell, erlaubt dir volle kreative Kontrolle und erspart die Raterei der richtigen Belichtungswerte.

Du stellst also nur zwei von den drei Belichtungsfaktoren ein. Den dritten Belichtungsfaktor regelst du manuell über die Belichtungskorrektur, relativ zur Automatik.

Der dritte, relative Belichtungsfaktor sollte das Foto möglichst wenig stilistisch beeinflussen. Meistens hat die Belichtungszeit einen geringen gestalterischen Effekt.

Ob du mit Belichtungszeit 1/100s oder 1/6000s fotografierst, also 6 Verdopplungen, spielt bei den meisten Motiven keine Rolle. 6 Verdopplungen bei ISO oder Blende machen einen großen Unterschied.

Bei der Belichtungszeit kann die Kamera also am wenigsten falsch machen. Deswegen ist meistens die Zeitautomatik eine gute Wahl, siehe unten.

Wenn die Belichtungszeit wegen Bewegungen doch eine Rolle spielt, ist die Blendenautomatik die bessere Wahl, siehe ganz unten.

R, G und B Histogramme in der Nachschau

Wichtige Kameraeinstellung: Belichtungskorrektur (+/-)

Mit der Belichtungskorrektur sagst du der Kamera: „Deine Einstellungen sind schon ziemlich gut, aber bitte etwas dunkler/heller“.

Die meisten Digitalkameras haben ein Wählrad für die Belichtungskorrektur (+/-). Ansonsten kannst du eventuell eine Taste mit der Belichtungskorrektur belegen oder musst zur Not über das Menü gehen.

Ob du die Belichtungskorrektur brauchst, siehst du gut in der Nachschau am Bildschirm. Du kannst bei vielen Kameras Überbelichtung und Unterbelichtung blinkend in der Nachschau anzeigen lassen.

Profis verwenden das Histogramm, aber bitte R, G und B Kanäle einzeln betrachten. Wenn das Composite Histogramm richtig belichtet aussieht können einzelne Farbkanäle trotzdem überbelichtet sein.

Die Belichtungskorrektur lässt sich meistens in Drittel-Stops regeln. Ein Stop ist eine Verdopplung. Die technischen Zusammenhänge sind aber egal. Probiere es einfach aus und du bekommst schnell ein Gefühl dafür.

Die Belichtungskorrektur an der Kamera zu verwenden ist für die Bildqualität und besonders das Bildrauschen viel besser, als in der Nachbearbeitung die Belichtung zu korrigieren.

Die Belichtungskorrektur ist eine der einfachsten und wichtigsten Kameraeinstellungen, die du als Anfänger kennenlernen solltest.

Portraits gelingen besser in der Zeitautomatik

Manuell fotografieren mit der Zeitautomatik

Dies ist der wichtigste und beliebteste manuelle Modus für fast alle Situationen. Mehr als 90% deiner Fotos kannst du in der Zeitautomatik schießen.

Für Landschaften, Architektur und Licht-/Sonnensterne muss die Blende möglichst geschlossen sein. Dazu muss die Zahl im Nenner möglichst groß sein, also z.B. f/8 oder f/12.

Für selektive Schärfe bei Portraits, Tieren, Makro und Food muss die Blende möglichst offen sein. Dazu sollte die Zahl im Nenner möglichst klein sein, also z.B f/1,8 oder f/2,8.

Wenn deine Kamera ein Programm-Wählrad hat, gehe in das A/Av-Programm und stelle im Menü oder am ISO-Wählrad auf den Base ISO ein, also den minimal möglichen ISO.

Wenn deine Kamera kein Programm-Wählrad hat, stelle das Blendenwählrad auf den gewünschten Wert, das ISO-Wählrad auf den Base ISO und lasse das Zeitwählrad auf Auto.

Wenn du mit einem Smartphone fotografierst oder deine Kamera gar keine Wählräder hat, musst du die entsprechenden Einstellungen im Menü finden.

Mache nun ein Foto mit diesen Einstellungen. Wenn du mit der Belichtung beim Ergebnis nicht zufrieden bist, kannst du nun über die Belichtungskorrektur nachbessern und ein neues Foto machen.

Die meisten Objektive haben eine schlechte Randschärfe bei Offenblende. Für schärfere Bilder stelle die Blende nicht offener als die halbe Maximalblende. Verdopple dazu die kleinste Zahl im Nenner, die auf deinem Objektiv steht, z.B. aus f/1,8 wird f/3,6. Dieser sogenannte „Sweet Spot“ geht bei den meisten Objektiven von 2 bis 3 Stopps, also im Beispiel etwa von f/3,6 bis f/5,2.

Fließendes Wasser gelingt besser in der Blendenautomatik

Manuell fotografieren mit der Blendenautomatik

Dies ist ein weniger wichtiger manueller Modus für Spezialsituationen. Trotzdem solltest du ihn beherrschen. Gute Ergebnisse in der Blendenautomatik können sich stark vom Vollautomatikmodus abheben.

Für fließendes Wasser, Wolken, Bewegungsunschärfe und Nachtaufnahmen muss die Belichtungszeit möglichst lang sein. Dazu muss die Sekundenzahl möglichst hoch sein, z.B. 1/2s oder 2s.

Um Sport, Kinder, Action und Fahrzeuge „einzufrieren“ muss die Belichtungszeit möglichst kurz sein. Dazu muss die Zahl im Nenner bei den Sekunden möglichst hoch sein, z.B. 1/500s oder 1/2000s.

Wenn deine Kamera ein Programm-Wählrad hat, gehe in das S/Tv-Programm und stelle im Menü oder am ISO-Wählrad auf den Base ISO ein, also den minimal möglichen ISO.

Wenn deine Kamera kein Programm-Wählrad hat, stelle das Zeitwählrad auf den gewünschten Wert, das ISO-Wählrad auf den Base ISO und lasse das Blendenwählrad auf Auto.

Wenn du mit einem Smartphone fotografierst oder deine Kamera gar keine Wählräder hat, musst du die entsprechenden Einstellungen im Menü finden.

Mache nun ein Foto mit diesen Einstellungen. Wenn du mit der Belichtung beim Ergebnis nicht zufrieden bist, kannst du nun über die Belichtungskorrektur nachbessern und ein neues Foto machen.

Altes Interface mit Programm-Wählrad

Manuell fotografieren mit dem M-Programm

Der dritte manuelle Modus ist die ISO-Automatik. Du stellst Blende und Zeit ein und regelst den ISO über die Belichtungskorrektur. Stelle dazu auf M-Programm und Auto ISO.

Mir fallen keine Anwendungsbeispiele für diesen manuellen Modus ein. Es kommt fast nie vor, daß du sowohl die Belichtungszeit als auch die Blende regeln willst, aber den ISO der Kamera überlässt.

Sinnvoll für Spezialfälle ist der vierte manuelle Modus ohne Belichtungskorrektur. Du stellst wie eingangs erwähnt alle Werte manuell ein. Die Belichtungskorrektur ist dann von der Kamera außer Funktion gesetzt.

Dieser naive manuelle Modus ist für gleichbleibende Lichtverhältnisse super, wenn du volle Kontrolle brauchst. Das kommt zum Beispiel in der Bühnenfotografie, Studiofotografie und Sternenfotografie vor.

Das musst du aber nicht unbedingt lernen. In den allermeisten Fällen kommst du auch mit dem smarten manuellen Modus klar, mit Zeitautomatik oder Blendenautomatik und Belichtungskorrektur.

Neues Interface ohne Programm-Wählrad

Das P-Programm ist der bessere Automatikmodus

Für Schnappschüsse sind manuelle Modi eine schlechte Wahl. Wenn es schnell gehen muss oder Blende und Zeit unwichtig sind, bietet sich ein automatischer oder halbautomatischer Modus an.

Bitte verwende aber nicht den Vollautomatik-Modus, der selbstständig den Blitz zuschaltet. Der Aufhellblitz ist selten eine gute Idee und garantiert nie dann, wenn die Kamera es für richtig hält.

Nutze stattdessen die sogenannte Programmautomatik, also das P-Programm. Dabei bleibt der Blitz aus und du hast mehr manuelle Einstellungsmöglichkeiten, z.B. beim ISO.

Gerade bei Kameras mit kleinen Sensoren und Smartphones solltest du davon Gebrauch machen und das P-Programm als Halbautomatik mit ISO-Priorität nutzen. Lege den ISO-Wert selbst fest.

In der Vollautomatik setze zumindest einen niedrigen Wert für das obere Limit beim Auto ISO. Für den maximal sinnvollen ISO gibt es Richtwerte, je nach Sensorgröße der Kamera.

Actionfotos mit Blendenautomatik fotografieren

Maximal-ISO in Halbautomatik und manuellem Modus

Ein zu hoher ISO sorgt für schlechte Bildqualität. Das gilt um so mehr, je kleiner der Sensor deiner Kamera ist, gemessen am sogenannten Crop-Faktor.

Eine Faustregel für den maximalen ISO ist 3600/Crop-Faktor²:

  • CF 1,0 – ISO 3600: z.B. Sony A7/A9, Nikon D5/D850, Canon 1D/6D
  • CF 1,5 – ISO 1600: z.B. Nikon D3400/D5600/D7500, Sony A5100/A6500, Fuji X
  • CF 1,6 – ISO 1400: z.B. Canon M6/M100, Canon 7D/80D/200D/760D/1200D
  • CF 2,0 – ISO 900: z.B. Olympus E-M1/E-M5/EM10/PEN, Panasonic GM5/GH5/GX8
  • CF 2,7 – ISO 500: z.B. Canon G5X/G7X/G9X, Sony RX100/RX10, Panasonic LX10/FZ2000
  • CF 6,0 – ISO 100: z.B. Actioncam, Drohne, aktuellste Smartphones

Erst bei schlechten Lichtverhältnissen, in Räumen und Nachts solltest du diese ISO-Werte überschreiten. Ein verrauschtes Bild ist besser als ein verwackeltes.

ISO 100 auf einem Smartphone rauscht wie ISO 500 bei einer Profikompakten und ISO 3600 bei einer Vollformatkamera. Wenn du es genauer wissen willst, suche deine Kamera in der Datenbank von DXOMark und nimm den „Sports“-Wert als Maximal-ISO.

Mehr über Kamera Sensoren und Kennwerte.

Fotografierst du schon oder knipst du noch im Automatikmodus? ;)

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Hallo,

    kann man, wenn man manuell belichtet, den Autofokus weiterhin nutzen?

    1. Ja, den Autofokus kannst du weiter nutzen. Das eine ist vom anderen entkoppelt.
      In Lichtsituationen, in denen manuelle Belichtung Sinn macht ist der Autofokus aber leider oft unzuverlässig.

  2. Zitat:
    …Das M-Programm ist ein halbautomatischer Modus…

    Falsch! Manuell heißt, manuell. Hier werden ISO, Blende und Belichtung manuell, also ohne Einfluss der Kamera, durch den Benutzer eingestellt. Mann sollte schon wissen was man tut. Natürlich kann ich die ISO auf Automatik stellen. Allerdins ist dies nicht der Sinn des M-Modus.

    1. Wenn du auf M-Programm stellst, dann werden nur Blende und Belichtungszeit automatisch geregelt.

      Dem ISO ist es egal, ob du in M, A, S oder P bist. Das Programm-Wählrad ist ein Überbleibsel aus der analogen Zeit.

      Der Sinn des M-Programms ist doch hoffentlich ein gut belichtetes Foto zu machen?

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