Dies ist ein Gastbeitrag von Oliver Zwahlen von weltreiseforum.com und sinograph.ch. Oliver lebte und arbeitete sechs Jahre lang in der chinesischen Hauptstadt.
Reden wir über Geld. Du hast 10 Euro in der Tasche und einen Tag Zeit, um möglichst viel von Peking in China zu erkunden, geht das?
Klar geht das!

EUR 5,00 Übernachtung im Schlafsaal
Peking bietet zwar eine endlose Menge an günstigen Übernachtungsmöglichkeiten. Doch sind die meisten für unsere Budgetvorgaben knapp zu teuer. Ein Zimmer in einer Kette wie dem Golden Inn oder Hotel 8 ist bereits ab 14 Euro (für zwei Personen) zu finden. Alleinreisende kommen günstig im Massenschlafsaal in einem der zahlreichen Hostels unter. Doch liegt auch hier der Preis (meistens zwischen 7 und 10 Euro) über dem, was wir uns heute leisten wollen.
Die mit 5 Euro derzeit günstigste Übernachtungsmöglichkeit findest Du im Schlafsaal des Three Legged Frog Guesthouse (zehn Betten, gemischt). Neben dem Preis ist auch die Lage unschlagbar: In wenigen Minuten bist Du am bekannten Platz des Himmlischen Friedens und die wunderschöne Altstadt mit all ihren Hutongs hast Du quasi vor der Haustür. Auch zur nächsten Metrostation ist es nicht weit.

EUR 0,60 Frühstück im Hutong
Bevor Du Dich aufmachst auf große Entdeckungstour Durch die chinesische Hauptstadt, solltest Du Dich zuerst etwas stärken. In den Hutongs rund um Dein Hostel findest Du zahlreiche Straßenstände, die unterschiedliche Leckereien anbieten. Sei ein richtiger Chinese und gönn Dir ein paar Baozi zum Frühstück. Das sind mit Fleisch gefüllte Dampfbrötchen.
In Südasien kennt man Baozis unter dem Namen Momos und in Südostasien unter dem Namen Pao. Alternativ kannst Du auch Jiaozi ausprobieren. Das sind Teigtaschen mit unterschiedlichen Füllungen, meistens Schweinefleisch. Dass Du am richtigen Stand bist, erkennst Du übrigens an den aufeinandergetürmten Holzkörben, in denen die Jiaozi und Baozi jeweils gedämpft werden.
Qianmen-Straße zum Tiananmen Platz
Nach dem Frühstück spazierst Du am besten durch die hübsche Qianmen-Straße Richtung Norden und wirfst dabei einen Blick in die zahlreichen Markenläden links und rechts. Lass dich vom historischen Aussehen der Straße nicht beirren: Kein Haus hier ist älter als sechs Jahre. Das ganze Quartier würde für Olympia rekonstruiert.
Egal, ob Du Mao Tse-Dong für den perfidesten Massenmörder des vergangenen Jahrhunderts hältst oder ihn als den Mann bewunderst, der das moderne China schuf: Wenn Du über den Platz des Himmlischen Friedens spazierst, siehst Du Maos Mausoleum, wo er seit seinem Tod geschützt hinter einer dicken Glasscheibe liegt.

Geschichte mit Mao und dem Nationalmuseum
Du kannst dem nach Konfuzius wohl berühmtesten Chinesen sogar einen Besuch abstatten. Da viele Chinesen Mao noch immer verehren, kann die Schlange lang sein. Um bei den Sicherheitschecks möglichst keine Zeit zu verlieren, solltest Du Deinen Rucksack und die Kamera gleich im Hostel lassen. Beides darfst Du nämlich zum Großen Vorsitzenden nicht mitnehmen. Der Eintritt ist kostenlos.
Hast Du noch immer nicht genug von der chinesischen Geschichte, kannst Du dich nach rechts gen Osten wenden und das Nationalmuseum besuchen. Eine Vorstellung, was dich dort erwartet, kannst Du auf der deutschsprachigen Website des Museums gewinnen. Die Ausstellung ist riesig und wirklich sehr eindrucksvoll. Aber das Beste ist, der Eintritt ist auch hier kostenlos. Du musst dich am Eingang mit Deinem Reisepass registrieren, vergiss ihn also nicht.

EUR 0,20 Spaziergang um die verbotene Stadt
An der Nordseite des Tiananmen-Platzes liegt die Verbotene Stadt, der frühere Kaiserpalast. Auch ohne Eintritt zu bezahlen kannst Du einen Teil der bekanntesten Sehenswürdigkeit der Stadt besuchen. Gehe dazu einfach unter dem bekannten Mao-Bild Durch und schau Dir mehrere Vorhöfe an, bis Du zur Kasse kommst. Von hier aus geht’s für uns heute leider nicht weiter.
Spaziere nun wieder zum Eingang zurück und folge der roten Mauer, welche die Verbotene Stadt umschließt. Sobald Du nach einem längeren Fußweg auf der Rückseite angekommen bist, gehst Du in den Jingshan-Park. Der Eintrittspreis von 20 Cent lohnt sich: Von der Anhöhe des Parks hast Du einen perfekten Blick über die Verbotene Stadt.

EUR 1,00 Stinktofu zum Mittagessen
Spätestens jetzt solltest Du nach Deinem langen Marsch so richtig hungrig sein. Du kannst in der Gegend problemlos in eines der zahlreichen chinesischen Restaurants gehen. Kostet nicht die Welt und ist lecker. Insbesondere Nudeln sind ausgesprochen preiswert. Aber darauf wärst Du auch selber gekommen. Ich möchte Dir stattdessen eine meiner Lieblingsspeisen in China ans Herz legen: Das notorisch unterschätze Stinktofu.
Wie Du den Stinktofu findest, muss ich nicht lange erklären: Sobald Du in den Hutongs einen stechenden und leicht ekligen Duft wahrnimmst, folgst Du diesem bis Du zu einer dieser Garküchen gelangst, wo kleine – zumeist schwarze – Tofublöcke im Öl frittiert werden.
Lass Dich vom Geruch und dem Aussehen nicht abschrecken: Die Speise ist echt lecker und outet dich als echten Chinakenner – nur Touristen essen solche Spielereien wie Skorpion-Spießchen!

Spaziergang an den Seen
Von hier spazierst Du weiter Richtung Nordwest bis Du auf einen See triffst. In dieser Ecke des Stadtzentrums reihen sich mehrere Seen aneinander, die einst das Ende des Kaiserkanals bildeten. Im Winter werden die Gewässer zu einer gewaltigen Eisfläche, auf der man Schlittschuh laufen kann. Im Sommer baden Einheimische im See. Das ist ganz offensichtlich nicht verboten oder zumindest geduldet. Angesichts der Wasserqualität ist diese Idee wenig empfehlenswert.
Heute ist die Gegend um den Houhai-See ein beliebter Ort für einen Restaurant- und Bar-Besuch. Insbesondere die Dachterrassen auf den historischen Häusern sind sehr schön. Unterliege aber nicht der Verlockung, in einer der Bars etwas zu bestellen: Essen und Drinks sind überteuert und meistens von schlechter Qualität. Trinke lieber eine mitgebrachte Flasche Wasser an einem der Bänkchen am Seeufer.
Nur wenige Meter östlich der Seen befindet sich die Nanluoguxiang. Diese historische Gasse lädt mit ihren zahlreichen alternativen Läden zum Window-Shopping ein. Viele der ausgestellten Waren sind durchaus sehenswert, aber nicht unbedingt von der Art, die man bei sich zu Hause aufstellen will. Sprich: Kitsch.

EUR 0,25 Mit der U-Bahn zum Olympischen Park
Peking war 2008 Gastgeber der Olympischen Sommerspiele. Dabei ist eine ganze Reihe interessanter Gebäude entstanden. Du erreichst den Olympia Park über die Metro Linie 8, Haltestelle Olympic Park. Insbesondere der Wasserwürfel und das Vogelnest sind architektonische Glanzstücke. Es ist bei beiden Gebäuden möglich, sie auch von Innen zu besichtigen.
Das tun wir aber nicht, denn das würde unser Budget sprengen. Ich war vor einigen Jahren in beiden Gebäuden und fand den Besuch ohnehin etwas enttäuschend. Von Außen ist dieser Stadtteil aber sehr eindrucksvoll. Wenn es nun bereits dämmern sollte, kannst Du ruhig ein paar Minuten warten. Im Dämmerlicht kommt die Architektur dank der aufwändigen und bunten Beleuchtung besonders gut zur Geltung.
Wirf auch einen Blick über die Schnellstraße nach Westen. Dort müsstest Du ein Gebäude in Form eines Drachens erblicken. Darin befindet sich das 7-Sternhotel Pangu, mit seinen Restaurants, wo Du Lobster à Diskretion essen kannst. Dass wir uns heute auch das nicht leisten können, muss ich nicht extra erwähnen. Aber einen Blick ins Hotel kannst Du trotzdem werfen. Es ist recht interessant zu sehen, was Chinesen unter Luxus und gutem Stil verstehen.

EUR 2,90 Abendessen in Sanlitun (plus zwei U-Bahnfahrten)
Sobald es dunkel ist, kannst Du mit der U-Bahn in den Pekinger Stadtteil Sanlitun fahren. Nimm die Linie 10 und steige an der Haltestelle Agricultural Exhibition Center oder Tuanjiehu aus. Hier gibt es jede Menge schicke Restaurants und abgesiffte Karaoke-Bars mit Pole-Dancern, die sich hauptsächlich an das einheimische Publikum richten. Hier verbraten wir unser restliches Geld. Nein, nicht mit den Tänzerinnen, sondern an einem der Straßenstände, die Malatang anbieten.
Dabei handelt es sich um unterschiedliche Zutaten wie Fleischscheiben, Tofu-Stückchen oder Gemüse, die Du in eine superscharfe Sauce dippst. Alternativ kannst Du auch die gegrillten Lammspießchen (Yangrouchuanr) versuchen. Folge dem Rauch, um sie zu finden. Vermutlich hast Du das Geld aufgebraucht, bevor Du ganz satt bist. Aber hey, manchmal ist es auch gut, sich beim Essen etwas zu mäßigen.

People Watching im Nobelviertel
Allerdings sind wir ohnehin nicht zum Essen hierher gekommen. Die Gegend um Sanlitun ist nämlich eines der angesagtesten Quartiere Pekings. Am besten besuchst Du das Village (ein Einkaufszentrum im Stile eines hypermodernen Dorfs), wo Du dich einfach auf irgendeine Bank setzt und die Passanten beobachtest. Es dauert meistens nicht lang, bis Du ein paar extravagant gekleidete Leute zu sehen bekommst.
So spannend es auch sein mag, den Leuten zuzuschauen: Dank daran, dass Du dich ab etwa 10 Uhr auf den Heimweg machen solltest, denn die letzte U-Bahn fährt relativ früh und ein Taxi wollen und können wir uns nicht leisten.
Gesamtausgaben 9,90 Euro zum derzeitigen Wechselkurs von 8,55 RMB.

Bonus: Spartipp
Wenn Du länger in der Stadt bleibst, solltest Du in einer U-Bahnstation eine Yikatong-Karte lösen. Das ist eine Bezahlkarte für den öffentlichen Verkehr in Peking. Mit ihr vermeidest Du nicht nur langes Anstehen am Ticketschalter, sondern in den Bussen bekommst Du auch 60 Prozent Rabatt, was besonders attraktiv beim Besuch der Großen Mauer ist. Die 20 Yuan Pfand bekommst Du am Ende Deines Aufenthalts wieder zurück.
Bonus: Reisewarnung
In der Gegend um den Tiananmen-Platz sind zahlreiche Teegirls unterwegs. Sie geben vor, mit Dir Englisch üben zu wollen und versuchen, dich zum Besuch eines gemütlichen Teehauses zu überreden. Was als eine schöne Erfahrung beginnt, endet beim Bestellen der Rechnung in einem gewaltigen Schock. Denk daran: In den meisten Fällen wirst Du auf Grund aufrichtigen Interesses angesprochen. Beim Wort Teehaus sollten aber die Alarmglocken klingeln. Am besten beharrst Du bei solchen Bekanntschaften auf einem Kaffee in einer westlichen Kette.

Dieser Artikel wurde von Oliver Zwahlen geschrieben, der 2007 bis 2013 in der chinesischen Hauptstadt Peking lebte. Auf sinograph.ch bloggt er über das Leben und Reisen in China und auf weltreiseforum.com gibt er Weltenbummlern Tipps und Inspirationen für ihre Weltreise.
Weitere 10 Euro Städte wie Bangkok, Mumbai oder La Paz findest Du in der 10 Euro Kategorie.
K
6 Okt 2019Welche Sehenswürdigkeiten in der verbotenen Stadt kann man kostenlos besichtigen und wofür muss man Eintritt zahlen?
Ulrike
23 Okt 2018Oha! Eigentlich ein schöner Artikel. Aber die Preise haben sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Ich fürchte, mit € 10,- kommt man nicht mehr weit an einem Tag in Peking.. Schon die U-Bahn ist erheblich teurer geworden. Und das HOstel scheint zur Zeit nicht buchbar zu sein, aus welchem Grund auch immer.
LG
Ulrike
Florian Blümm
24 Okt 2018Ja, das ist leider bei allen 10 Euro Artikeln so. Die sind derart optimiert, daß sie bei Veröffentlichung schon veraltet sind ;)
Eigentlich sollte da auch ein Hinweis oben stehen, aber ich habe erst meine Kategorien geändert. Sollte nun gehen.
Die 10 Euro Zeiten sind aber in China wohl endgültig vorbei.
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28 Aug 2014Nur der Eintritt zum Jingshan-Park stimmt leider nicht mehr – waren letzte Woche dort und mussten 10 Yuan pro Nase hinlegen, also 1,20€… der Ausblick war aber wirklich toll :)
Florian Blümm
29 Aug 2014Habt ihr die Route ausprobiert? Coole Socke! Danke für den Hinweis.
Klare
19 Apr 2018Wir waren vorgestern im Jingshan- Park und haben 2 Yuan gezahlt ( umgerechnet 0.25€ aktuell vom 19.4.18)
Wirklich ein wunderschöner Park, lohnt sich vor allem am frühen Morgen.
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Agness
24 Mai 2014Although many people complain about Beijing’s prices being so high, I would still manage to spend around $5-6 a day on my food. Local baozi are so cheap and filling that I always bought 3 for less than RMB 2 each morning. Beijing duck seemed to be the most expensive meal, but there were some cheap restaurants where we got it for $3 :).
Florian Blümm
25 Mai 2014$3 for Beijing duck sounds like a steal!
I wouldn’t dispute that China in general is more expensive than South East Asia, but then again SEA is really cheap to begin with (;
Marvin
18 Mai 2014Deine 10 Euro Artikel faszinieren mich immer wieder. Sie geben einem ein super Anhaltspunkt was man an einem „perfekten Tag“ alles anstellen könnte. Und das für weniger als 10 Euro. Weiter so.
Florian Blümm
18 Mai 2014Danke Marvin.
Ich denke, wenn man auf ein derart kleines Budget angewiesen ist, stehen automatisch lokale Aktivitäten im Vordergrund statt teureren touristischen Aktivitäten. Und das sind oftmals die „authentischen“ Erfahrungen, von denen wir als Reisende so gerne schwärmen ;)
Danke an Oliver für das „echte“ Peking.
Oli
18 Mai 2014Das sehe ich auch so. Ich denke, dass Geld eigentlich keine grosse Rolle spielt hinsichtlich des Erlebniswerts einer Reise. Bei mir ist es jedenfalls so, dass oftmals die Teile eines Trips am stärkesten in Erinnerung blieben, die am wenigsten gekostet haben. Dazu werde ich auch bald einmal einen eigenen Beitrag schreiben.