Weltbürger werden: Individualreisen gegen Nationalismus

Der Nationalismus ist zurück. Ist Kleinstaaterei á la Brexit noch zeitgemäß oder sollten wir uns besser als Europäer oder gar Weltbürger verstehen?

diskriminierung

Die Uhren scheinen sich zurückzudrehen. Statt auf eine immer offenere, freiere Welt, blicken wir auf

  • Immer weitere Kriege in Nahost
  • Grenzkontrollen im Schengen-Raum
  • Rechtspopulisten wie AFD, Trump oder Le Pen
  • Terror in Beirut, Paris, Brüssel, Dhaka, Istanbul, Ankara, …
  • Großbritanniens Austritt aus der EU

Sind die guten Zeiten schon wieder vorbei?

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Es gibt noch viel mehr Mauern

Weltbürger gegen Nationalisten

Du reist gerne auf eigene Faust? Individualreisen verändern:

  • Wir schauen gerne über den Tellerrand und profitieren von einer offenen Welt.
  • Wir sind oft die Ausländer und erfahren sowohl Fremdsein als auch Gastfreundschaft.
  • Wir lernen Menschen aus anderen Ländern kennen, mit den gleichen Wünschen und Träumen, wie wir.
  • Wir interessieren uns für Geschehnisse in anderen Ländern auch lange nach unserem Besuch dort.

Zusammengefasst: wir fühlen uns immer mehr als Einwohner der ganzen Welt und nicht bloß als Einwohner von einem von fast 200 Ländern.

Aber wir sind eine Minderheit. Nur 4% der Deutschen fühlt sich ganz als Weltbürger und 26% teilweise.

Ich glaube nicht, dass wir mit Kleinstaaterei weiterkommen und fordere hiermit zum Individualreisen gegen Nationalismus auf. ;)

respect
Respect & Unity

Kleinstaaterei ist keine Lösung globaler Probleme

Viel größer als selbst die größten Nationalstadten sind die globalen Strukturen unserer Zeit:

  • Das Internet ist global
  • Finanzmärkte sind global
  • Unternehmen agieren global
  • (Pop-)Kultur wirkt global

Unsere Herausforderungen sind ebenso global:

  • Terrorismus ist global
  • Umweltverschmutzung ist global
  • Auswirkungen von Armut und Krieg sind global

Globale Probleme machen nicht an Landesgrenzen halt. Sie lassen sich nicht auf nationaler Ebene lösen. Ein nationaler Alleingang, wie die Energiewende, bewirkt global gesehen gar nichts.

Kein Land ist eine Insel – nicht einmal Großbritannien ;)

globalisierung
Globales Denken

Globales Denken oder lokales Denken

Auch wenn Du Dich schon als Weltbürger fühlst, ist es einfach in alte Denkmuster zurückzufallen. Wir sind daran gewöhnt lokal zu denken, nicht global.

Zum Beispiel halten wir Armut im eigenen Land für unmoralisch. Aber sobald die gleiche oder schlimmere Armut weit genug weg ist, interessiert sie uns nicht mehr.

Das geht so weit, bis wir schließlich Haustiere in Deutschland besser behandeln als unseren Mitmenschen in Afrika. Sind Menschenleben wirklich weniger wert, als die unserer Haustiere?

hund
Von wegen Hundeleben: vielen Menschen geht es schlechter

Nationalismus ist der neue Rassismus

Rassismus ist im 21. Jhd endlich out. Das heißt, wir diskriminieren nicht mehr aufgrund von Hautfarbe, Abstammung oder genetischen Markern.

Die Nationalität gilt aber bis heute als legitimer Grund für Diskriminierung. Dein Geburtsort bestimmt ob Du einer von uns bist oder einer von denen.

Auf Deinen Geburtsort hast Du genauso wenig Einfluss, wie auf Deine Rasse. Nicht umsonst sprechen wir von der Geburtslotterie. Wenn Du das hier lesen kannst, hast Du die Geburtslotterie gewonnen. Du weißt nicht, wie es den Verlierern geht.

Aber stell Dir vor, Du stehst hinter dem Schleier des Nichtwissens. Du weißt noch nicht ob Du die Geburtslotterie gewinnst oder verlierst. Du weißt, dass Dein Geburtsort mehr als jeder andere Faktor über Deine Freiheit und Deine Chancen bestimmt.

Würdest Du nicht lieber in eine Welt der Chancengleichheit geboren werden? Eine Welt ohne Diskriminierung gegen zufällige Umstände?

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Diskriminiert wegen seinem Geburtsort

Individualreisen gegen Kurzsichtigkeit

Warst Du auch so geschockt, als Du das erste mal nach Indien oder Afrika gereist bist? Die meisten unserer Mitmenschen leben in äußerst bescheidenen Lebensverhältnissen.

Wir haben eine grobe Vorstellung, dass es in unserer Zeit ein Armutsproblem gibt. Aber richtig vorstellen, können wir uns das nicht, außer wir sehen es mit eigenen Augen.

Als Individualreisender hast Du gar nicht die Wahl Deine Augen vor solchen Ungerechtigkeiten zu verschließen, weil Du auf jeder Reise in Entwicklungsländer mit ihnen konfrontiert wirst.

Nur so kannst Du aus der Filterblase ausbrechen, Perspektive gewinnen und herusfinden warum man Erstweltprobleme so nennt.

Das ist für mich der wichtigste Grund für das Reisen auf eigene Faust.

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Dia de los Muertos in den USA: Is it cool to be Mexican today?

Weiterführende Infos gegen Nationalismus

Fühlst Du Dich als Weltbürger oder als Bürger von nur einem Land?

Nach der EM, wird es Zeit die National-Fahnen wieder wegzupacken oder?

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Dieser Beitrag hat 12 Kommentare

  1. Das wichtigste ist, dass wir alle Kulturen mischen und den Anstieg der Kriminalitätsrate ignorieren und alle Vergewaltigungen und Morde vergessen. Dann brauchen wir eine Weltpolizei, eine Weltregierung und eine Weltwährung. Das Bargeld baruchen wir dann auch nich mehr, sondern bekommen einen Chip unter die Hand. One World.

  2. Respect & Unity ist ein gutes Stichwort. Respektieren sollten wir uns alle gegenseitig und eine Einheit sollten wir gegen die wirklichen Probleme der Welt bilden. Schöner Bericht, der es auf den Punkt bringt.

  3. Dieser immer mehr aufkeimende Nationalismus, ganz egal ob in UK, den USA, Deutschland und auch anderen Ländern ist wirklich eine Schande.

    Wenn jeder Mensch in diesen Ländern für 1 Jahr sei eigenes Land verlassen müsste, um woanders zu leben oder zu reisen, dann gäbe es dieses Problem nicht!

  4. Lieber Florian,

    ich unterstütze deine Aufforderung zum Individualreisen gegen Nationalismus sehr! Durch mein Leben in Vietnam habe ich viele der Eindrücke, die du hier angerissen hast, selbst erfahren und ich möchte sie keinesfalls missen.

    Ich stimme dir auch zu, dass die meisten Menschen in den Industriestaaten leider viel zu wenig selbst sehen, wie die Welt andernorts aussieht. Auch hier in Vietnam erlebe ich dies mit krassen Gegensätzen. Das Aufkommen der sog. New Cities (Gated Communities) mit ihren hohen Mauern und ihren Konsumtempel sowie die Anzahl an ausländischen EnglischlehrerInnen, die in ihrer „Expat-Blase“ weit weg von all dem Elend hier leben, zeigt jedoch, wie nah man der Erkenntnis sein kann, ohne wirklich hinzuschauen. Insofern erfordert es eine Bereitsschaft, sich auch mit der Wirklichkeit auseinandersetzen zu wollen. Ob wir unsere Mitmenschen dazu motivieren können?

    Ein Beitrag wie deiner wird aber vielleicht den ein oder anderen durchaus motivieren ;)

    LG Etienne

    1. Danke Etienne!

      Gated Communities kenne ich leider aus Indien und Mexiko. Gegen das Aussperren der eigenen Landsleute ist Nationalismus ja fast harmlos.

      Auch das mit der Expat-Blase kenne ich gut. Wenn Du durch Bangkok Downtown oder Chiang Mai Nimanhaemin Rd läuft vergisst Du schnell, dass die meisten Thais weniger am Tag verdienen als Deine Hipster Kaffeepause kostet.

      Insofern kann auch Individualreisen nur ein Katalysator sein…

  5. Guter Artikel, er trifft viele Aspekte, über die ich mir auch schon Gedanken gemacht habe. Aber grundsätzlich würde ich auch sagen: Seine Augen vor Elend verschließen kann man als Individualreisender genauso wie als Gruppenreisender bzw. organisiert Reisender – genauso wie man in beiden Fällen mit offenen Augen durch das Land reisen kann.
    Ich finde es oft faszinierend, was alles ausgeblendet werden kann, wenn es nicht ins Bild passt.

    Wenn ich mich irgendwie definieren müsste, würde ich mich wohl als Europäerin bezeichnen, weil ich ein Fan der Europäischen Idee bin. Aber natürlich bin ich genauso Deutsche und habe eine irgendwie auch deutsche Identität (das fiel mir erst verstärkt auf, als ich im Ausland lebte) und sogar – noch kleinräumiger gedacht – eine Fränkische. Die Herkunft prägt einen – so oder so – die Frage ist nur, was man daraus schlussfolgert und ob man sich deshalb für etwas besseres hält.
    Das Kleinräumige Denken gerade in den großen weltpolitischen und sozialen Fragen ist auf jeden Fall nicht zielführend. Denn wie du sagst: Die globalen Probleme werden auch an geschlossenen Grenzen nicht einfach anhalten. Sie sind global und wir sind mitten drin (und nicht immer unschuldig daran), ob wir uns ihnen stellen wollen oder nicht.

    LG, Ilona

  6. Das Traurige ist, dass man auch als Individualreisender meistens nur das sieht, was man sehen will. So finde ich es erschreckend, wie viele Indiviadualreisende in Indien nur die schönen Tempel, die freundlichen und schönen Menschen sehen, aber häufig das Elend übersehen. „Wie die Menschen in Indien trotz ihrer Armut noch fröhlich sind und lachen!“ lese ich da. „Wie glücklich sie sind!“ Das ist sehr einseitig. „Tiere sind in Indien heilig!“ jubelt der nächste. Elend, Dreck, miserable Lebensbedingungen und Tierquälerei – davor verschließen auch die Individualreisenden gerne die Augen. Und ob man nun Weltenbürger ist oder sonstwas, ändert daran nichts!
    Ich finde es auch wichtig, dass man auf seine Hekrunft stolz sein kann. Habe manchmal das Gefühl, dass man sich ständig dafür entschuldigen muss, Deutsche zu sein. Ich finde es toll, Deutsche zu sein. Natürlich bin ich an einem privilegierten Ort geboren. Ich bin auch stolz darauf, als Deutsche Mitglied der EU zu sein. Ich genieße die Vorteile, die mir das bringt. Sonst könnte ich womöglich nicht reisen. Muss ich mich nun wirklich wieder entschuldigen, dass ich positiv dazu stehe, Deutsche zu sein? Damit bin ich nicht besser als jemand aus irgendeinem anderen Land. Doch Deutschland ist mein Land. Alle Menschen haben das Recht, auf ihr Heimatland stolz zu sein, es zu lieben, es zu respektieren.
    Übrigens kann man durchaus auch auf Gruppenreisen einen Blick auf die Probleme eines Landes werfen, Kontakte schließen. Verständige und informierte Reiseleiter können einem ein intensives Bild vom bereisten Land vermitteln, besser als irgenwelche oberflächlichen Eindrücke, die man evt. als Individualreisender hat, weil man keine Erklärung für das gesehene bekommt.
    Es erscheint mir so, dass Du schreibst, der Individualreisende ist der „bessere“ Reisende. Nur der Individulareisende kann sich Weltenbürger nennen. Dagegen wehre ich mich.
    Es gibt viele Nuancen zwischen Nationalstolz und Weltenbürger. Diese sollte man nicht vergessen.
    LG
    Ulrike

    1. Hi Ulrike,

      es ist ja nicht so, dass Reiseblogger über alles schreiben, was sie erleben. Manche Reiseblogger scheinen sogar negative Erfahrungen ganz aus der Berichterstattung auszuschließen.

      Kann man individuell durch Indien reisen, ohne die Armut zu sehen? Nie im Leben! Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es viele Monate braucht, bis man das Gesehene verarbeitet hat. Das kann man nicht mal eben in ein paar oberflächliche Reiseberichte über das Taj Mahal packen. Mir ging es zumindest so.

      Ich kenne mich mit Pauschalreisen nicht aus, deswegen möchte ich nur für Individualreisende sprechen. Dein Umkehrschluss, dass Individualreisen besonders privilegiert sind, ist aber nicht beabsichtigt und der Text deutet das auch nicht an, oder?

      Ich finde man kann sehr wohl stolz auf seine Heimat sein ohne jegliche Anflüge von Nationalismus. Gerade wenn Du stolz bist, willst Du doch andere Menschen an Deiner Heimat teilhaben lassen, oder?

      Grüssle,
      Florian

  7. Sehr guter Beitrag, den ich genau so unterschreiben kann.
    Das aller wichtigste Argument für das Weltbürgertum ist in meinen Augen der Frieden! Wenn wir uns endlich als eine Gemeinschaft sehen würden, die alle im selben Boot sitzen, wäre alles sooo viel einfacher und für jeden Einzelnen besser … aber ich glaube bis wir so weit sind, vergeht noch ein lange Zeit :(

    Mit dem Reisen hast du absolut recht, ich habe mir schon oft überlegt, wie es wäre, wenn es nach der Schule irgendeine Art gefördertes Reisejahr oder so geben würde. Irgend ein fetter Anreiz, dass die Leute losziehen, um die Welt und andere Kulturen zu erkunden. Die AfD würde es dann vermutlich gar nicht geben … denn die meisten Wähler sind wahrscheinlich nie weiter gekommen als in den Byrischen Wald …

    Traurig, wohin sich unsere Welt gerade entwickelt und das obwohl man eigentlich denken könnte, dass die Menschheit klüger geworden ist :(

    Viele Grüße
    Marc

    1. Dass weniger Nationalismus und offenere Grenzen für jeden Einzelnen besser wären, würde anscheinend auch fast jeder Wirtschaftswissenschaftler unterschreiben. Und Ökonomen sind nun wirklich nicht dafür bekannt, dass sie oft einer Meinung sind ;)

      Auf dem Weg zum „sozialen Reisejahr“ sind wir ja schon mehr oder weniger. Ich finde leider die Auswahl der Reiseziele von vielen Frisch-Abiturienten suboptimal. Nix gegen Australien/Neuseeland und USA/Kanada, aber wie die anderen 75% unserer Mitmenschen leben sieht man dort nicht.

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