Bullenrennen auf der indonesischen Insel Madura als V.I.P. Backpacker

Beim Stichwort Bullenrennen denkst Du vielleicht an Pamblona in Spanien, wo jedes Jahr Schaulustige von Bullen überrannt werden.

Auf der indonesischen Insel Madura, gleich neben Java, gleicht das traditionelle Bullenrennen Karapan Sapi eher einem Pferderennen.

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Rennbullen

Kulturelles Jahreshighlight

Den Vergleich mit einem Pferderennen würden die 24 Teams im Wettbewerb wahrscheinlich als Beleidigung verstehen. Das Bullenrennen hat auf Madura nämlich lange Tradition und ist kulturelles Jahreshighlight. Zusätzlich ist Karapan Sapi ein Erntedankfest.

Mal ehrlich, das Bullenrennen ist auch einer der einzigen Gründe, warum Touristen nach Madura kommen. Oder wie es in einer Broschüre der Tourist-Info in Surabaya so schön formuliert wird:

„Das Bullenrennen könnte Touristen interessieren“

Den Konjunktiv merken wir, als wir am Busbahnhof der Inselhauptstadt Pamekasan nach der gut 3-stündigen Busfahrt von Surabaya ankommen. Die typische Traube von Motorbike-Fahrern umringt uns sofort nach der Ankunft. Hier im touristischen Niemandsland, scheint es aber mehr Schaulust als Geschäftssinn zu sein.

Touristen, und gleich 2 davon!

scheinen sie zu sagen.

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Andrang zum Bullenrennen

Off the path

Keine Ahnung, was sie wirklich sagen. Auf Madura ist selbst indonesisch eine Fremdsprache und niemand spricht mehr als ein Wort englisch. Auch alle konsultierten Reiseführer von Wikitravel bis Lonely Planet halten sich absolut bedeckt was Pamekasan angeht.

Trotzdem sitzen meine Freundin und ich einige Minuten später hinten auf 2 Motorbikes. Die Fahrer haben erraten, dass wir nur wegen dem Bullenrennen hier sein können und bringen uns in eine Unterkunft in der Nähe des Stadions.

Unsere Befürchtung, dass es in Pamekasan keine Unterkünfte gibt, stellt sich schnell als unnötig heraus. Langsam sollten wir echt gelernt haben, dass Reisen in Asien sorgenfrei ist, egal ob auf dem Touristentrail oder „off the path“ auf der Insel Madura.

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Kulturelles Highlight Karapan Sapi

Finale des Bullenrennen

Zugegeben, die ersten beiden Hotels sind schon voll mit indonesischen Besuchern, die natürlich wegen dem Bullenrennen hier sind. Im dritten Hotel sollen wir statt normal 50.000 Rp (3 Euro) plötzlich 150.000 Rp (10 Euro) für unser Zimmer zahlen. Na gut, so viel ist uns das Finale des Bullenrennen dann doch wert!

Seit 2 Monaten schon qualifizieren sich die besten der besten Bullengespanne auf der ganzen Insel für das Finale Mitte Oktober, es ist jedes Wochenende mindestens ein Rennen. Wenn Du Karapan Sapi sehen willst, hast du im ganzen August und September zur besten Reisezeit viele Qualifikationsrennen zur Auswahl. Du musst nicht unbedingt zum Finale kommen.

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Bullenrennen

Kinder-Jockeys

Ob Finale oder nicht, ein Bulle rennt niemals allein. Es ist immer ein Gespann von 2 Bullen und hintenauf sitzt auf einem Holzgestell ein kleiner mutiger Junge als Jockey. Bei uns in Europa, würden sie wahrscheinlich das Sorgerecht entziehen, wenn man ein Kind auch nur in die Nähe der speichelnden, erregten Bullen lassen würde.

Hier auf Madura baumelt der Jockey während dem Rennen wie eine Puppe hinter den Bullen her und kreischt, wie um sein Leben. Ob der Bub wirklich in Lebensgefahr ist, oder mit seinem Geschrei die Bullen antreibt, ist für uns Neulinge wirklich schwer zu sagen.

Aber es geht alles gut. Statt Sorge oder Angst steht den Jockeys helle Freude ins Gesicht geschrieben. Sie scheinen glücklich zu sein, sich beweisen zu können. Boys will be boys, egal wo auf der Welt…

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Bullenfütterung

Bullenrennen heißt Teamgeist

Aber der Jockey ist nur ein Teil der Mannschaft. Jedes der 24 angereisten Teams hat Cowboys dabei, die sich rührend um die Bullen kümmern. Die Rennbullen werden nämlich auf Teufel komm raus gehätschelt und gepflegt. Nur das Beste ist gut genug. Zu essen bekommen die Bullen einen kostspieligen Protein-Cocktail mit potenten Kräutern, während das Team sich mit Reis zufrieden gibt.

Auch Teil des Teams sind die Musiker. Jede Mannschaft hat eine eigene Kapelle in traditioneller Tracht. Vor dem Rennen führt die Gruppe ihre Bullen in der Mittagshitze mit Tröten und Trommeln über das Feld, um sie aufzuhetzen. Die Bullen haben zusätzlich noch Riemen durch die Nasenlöcher und werden mit Ingwer und Chili gereizt. Der Jockey knallt dann noch mit der Peitsche und los geht’s!

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Musiker vor dem Rennen

Vorgeplänkel am Vortag

Am Samstag ist das Aufhetzen und Marschieren der Bullen mit Musik aber das Einzige, was passiert. Der Samstag ist nur das Vorgeplänkel zum Renntag am Sonntag. Es ist trotzdem spektakulär, wie die Bullen hochdekoriert herumgezeigt werden und wie die Teams stolz durch das Stadion Schau laufen. Selbst Inder verehren ihre heiligen Kühe nicht annähernd so ehrerbietig.

Die 3 besten Bullengespanne des letzten Jahres werden dann noch besonders geehrt. Man bittet uns als 2 von vielleicht 10 anwesenden Ausländern dazu auf der V.I.P Bühne Platz zu nehmen. Auch Abends auf dem Marktplatz der Stadt bekommen wir die V.I.P-Behandlung. In der ersten Reihe sollen wir Platz nehmen um stundenlang traditionelle Tänze und Musik anzusehen, während wir an maduresischen Snacks kauen.

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Sind sie nicht allerliebst?

V.I.P Backpacker

Besondere Aufmerksamkeit bekommen wir über die 2 Tage Aufenthalt eigentlich dauernd geschenkt. Jeder Einwohner Pamekasans scheint die Touristen willkommen heißen zu wollen, von jung bis uralt. Wir können keine 5 Minuten gehen, ohne dass es irgendwo „Hello“ ruft, alle 15 Minuten probiert jemand seine paar Brocken Englisch an uns aus und beinahe stündlich sollen wir ein Foto machen.

Selbst im Indomaret Convenience Markt müssen wir erklären, wo wir herkommen. Als wir später am gleichen Tag für ein kühles Wasser zurückkommen, weiß die nächste Schicht von Mitarbeitern dann schon „Germany – US“. Bier gibt es auf der traditionell muslimischen Insel übrigens keins, nicht einmal im Indomaret.

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Abendliches Tanzprogramm

Kulturelle Distanz

So nett es auch klingen mag, wie ein Rockstar behandelt zu werden, es wird sehr schnell sehr lästig. Wenn Du gerne wie die Queen den ganzen Tag lächelst und winkst, dann wird Dir das gefallen, aber uns hat der V.I.P-Status auf Dauer sehr genervt. Wegen der immensen Sprachbarriere war es uns leider gar nicht möglich über diese primitive Form der Interaktion hinauszugehen.

Erst am Renntag gelingt es uns. Ein junges Paar aus Pamekasan spricht gut englisch, wir unterhalten uns ein Stündchen vor dem Rennen. Themen, die nicht mit dem Rennen, dem Wetter, Java oder dem Essen zu tun haben, fallen aber schwer. Zu unterschiedlich sind unsere kulturellen Hintergründe, obwohl die beiden jung und gebildet sind.

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Moschee im Blick

Renntag

Am Renntag ist dann auch die Bude voll und es fällt schwer einen Platz zu bekommen. Wieder werden die Bullen durch das Stadion geführt und mit Trommeln, Tröten und Peitschen wild gemacht. Und schon geht es über zu den Testläufen, heute wird nicht lange gefackelt.

Die aufgestachelten Bullen haben so viel Feuer im Arsch, dass sie Ursain Bolt glatt abhängen würden. Kaum wird die rote Flagge gesenkt und die Menge ruft „Sapi Sapi Sapi“ (Bulle, Bulle, Bulle?), schon fliegen die Bullen in einem Affenzahn ins Ziel und hinter ihnen der peitschende Dreikäsehoch.

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Schneller als Ursain Bolt

Schneller als Ursain Bolt

Weniger als 10 Sekunden dauert ein Durchgang. Wenn es 15 oder 20 Sekunden wären, würde uns das ehrlich gesagt auch nicht auffallen. Aber die Einheimischen unterhalten sich in den Pausen angeregt über den genauen Ausgang der Matches und fiebern richtig mit.

Uns enttäuscht der Renntag ein wenig. Ehrlich gesagt war der Vortag des Karapan Sapi mit den Zeremonien, der Musik und den verzierten Bullen für uns interessanter, als das eigentliche Bullenrennen. Nach ein paar Rennläufen verabschieden wir uns erschöpft von Mittagshitze und den Eindrücken des bunten Spektakel und nehmen den Bus zurück nach Surabaya.

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Die Peitsche

Fazit

Eine interessante Tradition ist das Bullenrennen auf jeden Fall und sehr zu empfehlen, wenn Du einmal etwas Untypisches in Indonesien sehen willst. Madura ist auf jeden Fall ein Gegenbild zu den Touristenhorden am Bromo oder am Candi Borobudur und am Candi Prambanan auf der Nachbarinsel Java.

Fakten zum Besuch des Karapan Sapi:

  • Qualifikation: Jedes Wochenende im August und September in jedem größeren und kleineren Ort in Madura
  • Finale: An einem Wochenende im Oktober in Pamekasan
  • Anfahrt: Regelmäßige Busse ab dem Busbahnhof in Surabaya,
    z.B. Pamekasan: gut 3 Stunden, ca. 35.000 Rp

Genaue Daten und Orte kannst Du in der Tourist Info in Surabaya nachfragen.

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Hi,
    ein toller Bericht, muss schon sagen obwohl ich auch in Java unterwegs war hab ich von Madura noch nie was gehört, gut Indonesien ist jetzt auch kein kleines Land aber die Unterschiede wie man hier wieder gut sieht sind verdammt groß.

    Sollte ich die Richtung mal wieder sein, ist ein Besuch auf jeden Fall drin.

    Was gibt es sonst noch in Madura zu sehen ?

    Viele Grüße

    Matthias

    1. Indonesien ist wie Du schon sagst einfach nur riesig. Es ist wahrscheinlich unmöglich jede Insel zu kennen, selbst eine so groß wie Madura.

      Wie im Artikel ja schon ein wenig rüberkam, auf Madura gibt’s net so viel zu tun für normale Touristen. Madura gilt als das Armenhaus Indonesiens und das heißt schon was. Geschichtlich ist die Insel interessant, weil hier wohl der Islam zuerst verstärkt auftrat, aber die Geschichte der Missionierung durch Moslems sieht man in Surabayas Muslim Quarter besser.

      Der Ort Sumenep ist auf Madura noch am „touristischsten“. Hhier gibt’s wohl einen Kraton, also Sultanspalast. Schaut auf Google Image Search auch net interessanter aus als der in Yogya oder Solo. Bei Sumenep gibt’s auch schöne Strände.

      Sumenep war auch unser Backup Plan, falls es in Pamekasan keine Unterkunft gibt, aber das war wie gesagt unnötig. Von Sumenep/Kalianget kommt man auch mit der Fähre direkt nach Ostjava, wenn man eine Rundtour draus machen will. Auch möglich ist von hier ein Abstecher auf die absolut unberührten Kangean Inseln, weit im Norden von Bali.

      Wir hatten nicht viel Zeit und sind einfach zurück nach Surabaya, um von dort den supergünstigen Direktbus nach Bali zu nehmen.

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