Indiens heilige Stadt Varanasi: Mutant Hero Turtles vom Ganges

Es wird von vielen Städten behauptet, dass sie niemals schlafen. Von Indiens heiliger Stadt Varanasi glaube ich das sofort. Es ist immer etwas los in der Mutter aller Hindu Pilgerstätten am Ganges.

In der Stadt musst Du aufpassen nicht über Brahmins, Sadhus und andere heilige Männer zu stolpern. Am Manikarnika Ghat (Treppe) singen sie die ganze Nacht angespannt ihre Lieder.

Varanasi, heilige Stadt Indiens

Die Stadt, die niemals schläft

Am Manikarnika Ghat poltern außerdem zu jeder Tages- und Nachtzeit die Leichenwagen zum Ganges hinunter, dem Krematorium entgegen. Auch die Scheiterhaufen brennen ohne Pause.

Wer in Varanasi stirbt wird vom Zyklus der Wiedergeburt erlöst. Das ist das Ziel aller Hindus und entsprechend viele Hospize gibt es in der Stadt. Wenn Du Dir so ein Hospiz anschaust, wird Dir schnell klar, dass die Feuer nicht lange auf menschlichen Nachschub warten müssen.

In jedem Feuer brennt ein Mensch

Das Problem heißt Holz

Mehr als 3 Stunden dauert es, bis ein Mensch zu Asche verbrennt. Dazu benötigt es viel Holz, mehr als das vierfache Körpergewicht. Das Holz wird von weit her mit Booten herangeschafft und ist sehr teuer (mehr als US$20, mehr als 2 Wochenlöhne). Die meisten Familien können sich nicht genug Holz für ihre Toten leisten.

Statt reiner Asche werden also unverbrannte Leichenteile und manchmal ganze Leichen in den Ganges geworfen. Kleine Kinder, heilige Männer und schwangere Frauen müssen sowieso nicht verbrannt werden und werden mit Steinen beschwert in den Ganges versenkt um meistens kurz danach wieder oben zu treiben.

Varanasi, Stadt der Tempel

Mutant Hero Turtles

Aber keine Sorge, der Ganges wird saubergehalten von Schildkröten, die von der Regierung zu diesem Zweck gezüchtet wurden. Das ist kein Scherz, mehr als 30.000 der indischen „Mutant Hero Turtles“ wurden bereits im Ganges ausgesetzt.

Die bis zu 30kg schweren Biester werden darauf trainiert Leichen zu fressen und zwar nur Leichen. Heute scheinen sie erfolgreich darin zu sein den Ganges sauber zu halten, wir haben nicht eine Leiche gesehen. Und die vielen Badegäste beissen sie angeblich nicht in die Füsse.

Ein Bad im Ganges "reinigt"

Baden gegangen im Ganges

Trotz der Leichen und der Verschmutzung gehen nämlich jeden Tag mehr als 60.000 Hindus im Ganges baden. Das Wasser des Ganges gilt für Gläubige nämlich als besonders rein. Es kann alle möglichen Krankheiten heilen und Sünden vergeben.

Zurück in der Wirklichkeit kannst Du froh sein, wenn Du Dir bei einem Bad nur Duchfall holst. Das hält aber niemanden davon ab die Zähne im Ganges zu putzen. Ganze Familien sieht man ausgelassen im trüb-braunen Wasser spielen.

Badespass im Leichenfluss

Heilige Kühe und heilige Mauern

Nicht nur die Anzahl an Pilgern, Tempeln, Brahmins und Leichenteilen scheint in Varanasi höher zu sein als woanders in Indien. In ganz Indien gibt es sehr viele Kühe, aber in Varanasi noch einmal mehr oder scheint das nur so?

In den engen, mittelalterlich anmutenden Gassen der Stadt fallen die Kühe vielleicht einfach mehr auf. Spätestens wenn zwischen Kuh und Wand nur noch wenige Zentimeter Platz finden wird fast jeder klaustrophobisch.

bullerei
Bitte weitergehen, es gibt nichts zu sehen

Ein Straßensystem namens Labyrinth

Du kannst natürlich einfach umkehren. Es ist sowieso egal in welche Richtung Du in den engen Gassen läufst. Es dauert keine 15 Minuten bevor Du Dich in dem Labyrinth verlaufen hast. Ohne die vielen Graffiti Wegweiser würdest Du nie zur Unterkunft zurück finden.

Und wenn Du dann glaubst Dich haut nichts mehr vom Hocker, spricht Dich ein heiliger Mann an:

Auch Ziegen sollten heiraten dürfen!
Schau sie Dir an!

Ich schaue mir die zwei aneinander angeschmiegten Ziegen an…
Ich schaue mir den lächelnden Sadhu an…
Ich laufe mit unendlich schwerem Kopf weiter…

In Indiens heiliger Stadt ist seit mehr als 3000 Jahren das Verrückte normal.

Ziegen sollten heiraten dürfen!

Die heilige Stadt Varanasi ist Teil unserer Durga Puja Tour durch Nordindien mit Shanti Travel. Die Kosten der Blogreise übernimmt Shanti Travel, alle Meinungen sind meine eigenen.

Die Reisekamera für meine Fotos ist eine Canon Profikompakte*

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Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Die perfekte Voraussetzung die Stadt mal anzusehen!

  2. Oh wow, jetzt hab ich schon ein ziemlich merkwürdiges Bild von der Stadt. Irgendwie fand ich sie schon immer sehr faszinierend (zumindest das was ich im Fernsehen und Online so sehen durfte) aber nach deiner Erklärung zur „Leichenentsorgungsmethode“ und den Ninja Mutant Turtles ist mir grad ein wenig schlecht. xD
    Jeder wie er will und es für richtig hält, aber im Wasser treibende Leichen und Menschen, die daneben Zähne putzen, finde ich grad arg eklig.
    Wohl die perfekte Voraussetzung, die Stadt auch mal anzusehen. ;-)
    Liebe Grüße
    Christina

  3. Varanasi fand ich schon beim ersten Mal cool. Immer was los. Aber wie du sagst, man sollte da nicht als Erstes hin. Kathmandu ist finde ich eine sehr gute Einstimmung, weil die beiden Städte sich ähneln.

    Fotografieren ist am Manikarnika Ghat nicht verboten. Es geht um Respekt gegenüber den Familien, die bei der Feuerbestattung ihrer Lieben zusehen. Also fragen oder weit genug weggehen.

    Das Feuerbild entstand bei meinem ersten Besuch, als ich direkt am Manikarnika Ghat ein Guesthouse hatte und bestimmt 5 Mal am Tag hingeschaut habe obs auch wirklich wahr ist (-;

  4. Toller Bericht. Ich fand Varanasi auch wahnsinnig faszinierend. Es hat dort eine sehr spezielle Ausstrahlung mit dem ganzen alltäglichen Wahnsinn. Ich bin froh, dass ich die Stadt am Ende meiner dreimonatigen Reise besucht habe. So hat mich auch nichts mehr genervt und ich konnte einfach das bunte Treiben beobachten oder gar geniessen. Die meisten Touristen sagen ja: Entweder liebst du die Stadt oder du hasst sie. Ich fand alles einfach nur spannend und faszinierend.

    Ich glaube, das ist auch dir so ergangen. Ich hab mir nämlich erlaubt, die Berichte deiner letzten Indienreise einmal ein bisschen genauer anzuschauen. Damals hat dich ja alles einfach nur genervt – verständlicherweise. Es ist lustig, dass du diesmal sehr viel relaxter an das Land herangegangen bist. Ich denke nicht, dass das nur damit zusammenhängt, dass du diesmal auf einer Bloggerreise bist und natürlich viel Organisatorisches (sprich: Frust) wegfällt. Sondern eben auch daran, dass es eine Weile braucht, um sich mit Indien zu arrangieren und sich mit dem ganzen mühsamen Seiten abzufinden.

    BTW: Als ich (aus einiger Entfernung) Bilder von den Feuerstellen machen wollte, wies man mich ziemlich schroff darauf hin, dass dies verboten sei und das Fotographieren von Leichen hohe Geldstrafen mit sich bringen kann. Toll, dass du doch gute Bilder machen konntest.

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